Die Geschichte des Chores
Die Chorvereinigung „Jung-Wien“ entstand 1946 unter der Leitung von Prof. Leo Lehner. Es war nicht der erste Chor, den Prof. Lehner gründete bzw. leitete. Schon vor dem Krieg war er Chordirektor in der Pfarrkirche Alt-Ottakring und stellte 1926 den „Sängerchor R VII“ (Realschule 7. Bezirk) zusammen – einer der damaligen Sänger war der spätere Kammerschauspieler Prof. Fritz Muliar.
Aus diesem Chor und Schülern des Robert-Hamerling-Realgymnasiums (8. Bezirk) gründete Prof. Leo Lehner 1930 den „Jung-Urania-Chor“, dem u.a. Kammerschauspielerin Prof. Elfriede Ott angehörte. Prof. Lehner war Leiter der Kindersingschule im 5. Bezirk und ab 1932 Chormeister des Volksgesangvereins. Während des Krieges entstand unter seiner Leitung der Soldatenchor des Fliegerhorstes Proßnitz (Mähren).
Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft im November 1945 warb Prof. Lehner Schülerinnen und Schüler der Lehrerbildungsanstalten Hegelgasse und Kundmanngasse für einen Chor an, den er dementsprechend „Chor der Wiener Lehrerbildungsanstalten“ nannte.
Um – auf Anraten des damaligen Unterrichtsministers Dr. Felix Hurdes und mit Unterstützung des Wiener Kulturstadtrates Dr. Viktor Matejka – frei von allen Einflüssen und Weisungen zu sein, meldete Prof. Lehner am 20. Mai 1946 die Gründung eines Vereines zur Pflege des Chorgesanges bei der Vereinsbehörde an. Aus dem „Chor der Wiener Lehrerbildungsanstalten“ wurde die Chorvereinigung „Jung-Wien“. Die konstituierende Generalversammlung fand am 9. Juni 1946 im Festsaal des Kolpinghauses Wien 6., Gumpendorfer Straße statt.
Die Zeit, in der die Chorvereinigung „Jung-Wien“ gegründet wurde, erklärt auch ihren Namen: er verdeutlicht den Wunsch nach einem neuen, einem jungen Wien nach Krieg und Zerstörung – und es musste bei Vereinsgründung ein Name her, der den Besatzungsmächten recht war.
„Jung“ hat hier also nichts mit dem Alter der Chorsängerinnen und -sänger zu tun – obwohl es unter Prof. Lehner eine Altersbeschränkung auf 36 Jahre gab.
Mit dieser Chorgründung machte Prof. Lehner das Richtige zur richtigen Zeit: Er gab den jungen Menschen im Chor eine neue Perspektive für ihr Leben; und er bot dem kulturell ausgehungerten Wiener Publikum junge Stimmen, die hauptsächlich österreichische Werke und Klassiker zur Aufführung brachten.
Wie viele Sängerinnen und Sänger sich seit damals als „JungWienerinnen“ und „Jung-Wiener“ gefühlt haben, ist nur schwer feststellbar. Jedoch gibt es bis heute Kontakt zwischen dem jeweils aktuellen Chor und den früheren Chormitgliedern, die sich 1973 zur „Lehner-Runde“ zusammengeschlossen haben. Zum Anlass der „Lehner-Gedenkmesse“ wurde lange Jahre gemeinsam in der Pfarre Alt-Ottakring musiziert.
Bei „Jung-Wien“-Konzerten sitzen immer wieder unzählige ehemalige Mitglieder in den Reihen der Zuhörer – und spätestens, wenn „Ich hab dich lieb, mein Wien“ als Zugabe gesungen wird, sind sie nicht mehr zu übersehen und zu überhören.